December 3, 2021
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Es ist eine der größten Ironien des 21. Jahrhunderts. Wir leben in einer Zeit, in der wir mehr vernetzt sind als je zuvor, und trotzdem erfahren viele von uns einen tiefen Mangel an Beziehungen zu anderen. Sowohl die Verbindung zu anderen, als auch zu uns selbst. Was zum Himmel ist da eigentlich los? Und warum sind Beziehungen so wichtig für uns?
Wir wissen, dass Beziehungen verdammt wichtig für unser tägliches Glück sind. Wissenschaftler gehen sogar davon aus, dass sie dermaßen wichtig sind, dass sie sogar in unseren Genen verankert ist. Laut dem herausragendem Buch: "Social: Why our Brains are wired to connect" des Naturwissenschaftlers Mattthew Liebermann, hat die Evolution diejenigen Individuen bevorzugt, die eine stärke Neigung zur Gruppenbildung gehabt haben. Beziehungen bzw. Gruppenbildungen sind also in unseren genetischen Code geschrieben und machen uns damit erst zu Menschen.
Unser Bedürfnis nach sozialen Beziehungen ist demnach so tief in uns verankert, sodass Gefühle wie beispielsweise Einsamkeit oder Scham tatsächlich dieselben neuronalen Netzwerke aktivieren wie es auch körperliche Schmerzen tun. Sich ausgegrenzt zu fühlen , tut wirklich weh. Es liegt also auf der Hand, dass sich unser Körper so entwickelt hat, dass er uns dazu antreibt sich als Teil einer Gruppe zu fühlen. Versetz dich beispielsweise einmal in die Lage unserer Vorfahren. Sie waren von großen und gefährlichen Tieren mit scharfen Zähnen und Klauen umgeben, welche sie zum Mittagessen verspeisen wollten. Hier ist die Fähigkeit sich in einer Gruppe zu organisieren und Teil davon zu sein buchstäblich der Unterschied zwischen Leben und Tod.
Verbindungen sind ein psychologisches Kernbedürfnis und so lebensnotwendig, dass sie sich auf unsere körperliche Gesundheit auswirken. Es hat sich gezeigt dass uns tiefe Beziehungen länger leben lassen. Sie helfen uns auch weniger Schmerzen zu empfinden. Außerdem ist es erwiesen, dass sie für unsere körperliche Gesundheit genauso wichtig sind, wie beispielsweise nicht zu rauchen. Macht uns das aber auch glücklicher? Die Beweislage deutet jedenfalls eindeutig darauf hin.
Laut einer Harvard-Studie, welche seit über 80 Jahren untersucht, was Menschen glücklich und gesund hält, sind gute Beziehungen die Schlüsselkomponenten in Hinblick auf langfristiges Glück. Eine weitere Studie an 1400 Studenten fand eine stärkere Korrelation zwischen sozialer Unterstützung und Glück, im Vergleich zu der von Rauchen und Krebs.
Eine Studie an der Universität von Leipzig untersuchte vor Kurzem eine Gruppe von 1200 Menschen und deren Strategien um an Glück zu gelangen. Dabei sind sie zu dem Ergebnis gekommen, dass Menschen mit sozialen Aktivitäten zur Glücks Generierung, beispielsweise durch ehrenamtliche Arbeit, den Beitritt von Gruppen oder durch grundsätzlich mehr sozialen Kontakten, nach einem Jahr einen weitaus größeren Anstieg ihren Glücks feststellen konnten, als diejenigen die sich mehr auf sich selbst konzentriert haben.
Verbundenheit zu anderen Menschen kann uns einiges geben, wie jeder bestimmt bestätigen kann, der während des Lockdowns zum Beispiel in eine Whatsapp-Gruppe seiner Straße hinzugefügt worden ist. Wenn in Krisenzeiten Menschen zusammenkommen, um sich gegenseitig zu helfen und zu unterstützen, lässt das einen einfach glücklicher fühlen als zuvor.
Wie können wir nun in unserem hektischen modernen Leben mehr soziale Beziehungen aufbauen? Die einfachste Antwort ist es, sich es auch zur Priorität zu machen. Wir alle haben heutzutage viel zu tun und es scheint als habe der Tag nie genügend Stunden. Wir müssen E-Mails beantworten, unsere Projekte beenden oder andere Dinge in Ordnung bringen. Unsere sozialen Beziehungen bleiben dabei auf der Strecke liegen, selbst wenn wir all diese Dinge erledigt haben. Die Wahrheit ist, dass es immer mehr Dinge zu tun gibt. Um also mit deinen sozialen Kontakten Schritt zu halten, musst du sie in deinen Tagesplan mit einbeziehen und einplanen. Du solltest sie also als genauso unverzichtbar ansehen wie alle anderen Dinge auch, denn wenn es um dein Glück geht dann sind es deine Beziehungen die unverzichtbar sind.
Trage dir also deine Verabredung zum Mittagessen in deinen Terminkalender ein und lasse kein anderes Meeting darüber hinaus gehen. Plane dir den Kaffee sowie das Schwimmen ein. Reserviere dir nächste Woche Zeit für einen Drink nach der Arbeit mit ihrem besten Freund oder besten Freundin. Mache Pläne, um die Menschen zu sehen, welche dir wichtig sind. Tu das für deine Gesundheit!
Gehe nach draußen, unternehme etwas und zeig dich von deiner guten Seite. Wenn wir ehrlich sind, ertappen wir uns alle mal dabei, uns aus sozialen Interaktionen rauszuhalten, zum Beispiel in Whatsapp-Gruppen zu lungern, so zu tun als würden wir Bekannte auf der Straße nicht erkennen oder Augenkontakt in öffentlichen Verkehrsmitteln zu vermeiden. Unsere instinktiver Wunsch jegliche Unannehmlichkeiten zu vermeiden tut uns jedoch nichts Gutes. Dies liegt daran, dass wir relativ schlecht darin sind einzuschätzen, was uns glücklich macht und wie andere Menschen auf uns reagieren werden.
In einer faszinierende Studie aus dem Jahr 2014 mit dem Titel: "Mistakenly Seeking Solitude", veröffentlicht im Journal of Experimental Psychology, wurden die Teilnehmer gefragt, ob sie auf ihrem täglichen Weg lieber gezwungen wären mit Fremden zu sprechen oder sie in Ruhe zu lassen. Weniger überraschen haben sich fast alle für Letzteres entschieden. Als es jedoch darauf ankam und die Teilnehmer zufällig zu den 2 verschiedenen Aufgaben zugeteilt wurden, zeigte sich, dass diejenigen die die Fremden in der U-Bahn von Chicago in ein Gespräch verwickelten, diese fremden Menschen schlussendlich entgegenkommender wahrgenommen haben als sie es sich vorgestellt haben. Sie bewerteten dadurch ihre Fahrt als weitaus angenehmer als diejenigen denen gesagt wurde sie sollen sich nur um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern. Und für den Fall, dass du glaubst das Ganze würde nur bei gesprächigen Amerikanern funktionieren: Die BBC hat eine ähnliche Studie mit ähnlichen Ergebnissen in Großbritannien durchgeführt. Für Introvertierte ist es übrigens genauso effektiv wie für Extrovertierte.
Also auch wenn deine innere Stimme vielleicht "Neeiiiin" schreit, einen Versuch ist es wert. Engagiere dich. Komme unter die Leute. Sprich mit deinem Nachbarn, dem Straßenkehrer, und mit jeglichen Leuten die dich täglich in Geschäften bedienen. Verbinde dich mit den Menschen um dich herum. Es wird dich glücklicher machen. Das ist eine in Stein gemeißelte Tatsache!
Wenn also dein sozialer Kreis durch mangelnde Pflege geschrumpft ist, ist es nun wieder an der Zeit ihn zu erweitern. Was interessiert dich? Was machst du gerne? Denk darüber nach. Es wird in ihrer Umgebung eine Gruppe von Gleichgesinnten geben, welche sich treffen um genau das zu tun. Und das ist genau das, was du gerne machst. Die Chancen stehen also gut, dass du sie mögen wirst.
Wir alle fühlen uns hin und wieder einmal schlecht, und wir alle könnten ein wenig Anschluss und Verbundenheit gebrauchen. Erinnere dich: ES IST VOLLKOMMEN OKAY NICHT OKAY ZU SEIN. Hast du gerade eine harte Zeit, dann nimm mit jemanden Kontakt auf und melde dich. Rufe einen Familienmitglied oder einen vertrauten Freund an, sende eine Nachricht oder nimm Kontakt mit einer professionellen Stelle auf auf. Nach Hilfe zu fragen ist keinesfalls ein Zeichen von Schwäche, sondern stets ein Zeichen von Stärke.
Und schlussendlich ist, wie wir es schon in unserer Säule Nummer #6 der letzten Woche - Selbstvertrauen - gesehen haben, die Beziehung zu uns selbst sehr wichtig für die Fähigkeit unser Glück zu erzeugen. Verbindungen in sich selbst zu erkennen und an seinem Selbstmitgefühl zu arbeiten zeigte sich immer wieder positiv und mit Glück fördernden Auswirkungen. Es wird schwierig Freude zu finden, wenn du dich von all den Menschen um dich herum getrennt fühlst. Bist du jedoch getrennt von dir selbst, wird das Ganze unmöglich.
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